Ihren dritten Gedichtband widmet die Schweizer Lyrikerin Eva Maria Leuenberger, die 1991 in Bern geboren wurde, einem faszinierenden Tier, das in der Literatur und Bildenden Kunst von jeher eine besondere Rolle spielt. Die überlegene Weberin Arachne wird von der Göttin Pallas Athene nach einem Wettstreit zur Strafe in eine Spinne verwandelt. Die bildende Künstlerin Louise Bourgeois erschuf mit ihrem riesigen Objekt „Maman“ dagegen eine gütige, eine beschützende Spinne. In Leuenbergers präzisem zyklischen Gedichtband, in dem sie den konzentrierten, an fernöstliche Philosophien gemahnenden Ton ihrer früheren Bände fortschreibt, ist es eine Spinne, die bei einem Ich in dessen Kammer sitzt – einem Ich, das womöglich auf der Suche nach seiner Weise zu sprechen ist, vielleicht aber auch von einer inneren Last niedergedrückt wird. Die Spinne wird zur stummen Zeugin. Ob sie etwas sieht, und wenn ja, was, bleibt das Geheimnis dieses konzentrierten Textes, der seine Leser*innen auch in die Echokammern des eigenen Ichs lockt: „die spinne schaut dich an“. (B. T.)
Auszeichnungen u. a.: Finalistin beim open mike (2014, 2017), Weiterschreiben-Stipendium der Stadt Bern (2016), Basler Lyrikpreis, Berner Literaturpreis (2020), PoesieDebütPreis Düsseldorf (2021).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „dekarnation“, Gedichte, Droschl, Graz 2019
– „kyung“, Droschl, Graz 2021
– „die spinne“, Gedichte, Droschl, Graz, August 2024