Im Mai 1937 hebt die 39-jährige Amelia Earhart in Oakland ab, um in etwa 30 Etappen einmal um die Welt zu fliegen, immer am Äquator entlang. Im Juli sendet sie die letzten Funksprüche. Auf der Howland-Insel im südlichen Pazifik, auf der alles für einen Zwischenstopp vorbereitet war, kam sie niemals an. Ihr Flugzeug wurde niemals gefunden.
In seinem Roman „Die Himmelsrichtungen“ hat Jo Lendle nicht über die zahlreichen Legenden geschrieben, die sich bis heute um das Ende der berühmten Pilotin ranken, sondern hat sich ihr Leben vorgenommen, den Werdegang der US-amerikanischen Flugpionierin und Frauenrechtlerin. Eine Frau, die nicht einsah, warum das Fliegen nur Männern vorbehalten sein sollte und sich auch sonst gegen geschlechtsspezifische Fesseln wehrte. Jo Lendle hat dieser außergewöhnlichen Frau eine Stimme gegeben. Ab 1937 schraubt er sich rückwärts hinein in ihre Biografie, bis zu den Anfängen ihrer Faszination für das Fliegen. Mit Zitaten, u. a. aus überlieferten Briefen, spielt er mit der Wahrhaftigkeit, gleichzeitig schöpft er die erzählerische Freiheit aus, Lücken ihrer Biografie mit Möglichkeiten zu füllen. So schreibt er Earhart zum Beispiel eine Liebesbeziehung mit der Präsidentengattin Eleanor Roosevelt auf den Leib und porträtiert ihre Ehe mit dem New Yorker Verleger George P. Putnam als eine von Humor und Freiheit geprägte Liebesbeziehung auf Augenhöhe. (A.-D. K.)
Auszeichnungen u. a.: Leipziger Förderpreis für Literatur (1997), Stipendium des deutschen Literaturfonds (2005), Stipendium der Kunststiftung NRW, Stipendium der Robert Bosch Stiftung (2006).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Mein letzter Versuch, die Welt zu retten“, Roman, DVA, München 2009
– „Alles Land“, Roman, DVA, München 2011
– „Was wir Liebe nennen“, Roman, DVA, München 2013
– „Eine Art Familie“, Roman, Penguin, München 2021
– „Die Himmelsrichtungen“, Roman, Penguin, München, August 2024