Vor allem sehnt sie sich nach Ruhe. Die Heldin und Ich-Erzählerin in Luca Mael Milschs literarischem Debüt „Sieben Sekunden Luft“ will endlich einmal durchatmen. Sie hat sich bei ihrer Arbeitsstelle im Palliativdienst krankgemeldet, ist ans Meer gefahren und verbringt die Tage in der beruhigenden Gesellschaft eines Hundes namens Meier. Aber das Gefühl der Erschöpfung ist zäh. Es ist nicht sonderlich überraschend, dass inmitten der Einsamkeit plötzlich ihre Kindheit gegenwärtig ist. Ewig von ihrer unglücklichen, überforderten, aber ehrgeizigen Mutter herumgescheucht und zum Klavierunterricht getrieben, wird das fantasiebegabte Kind von dem Gefühl gequält, permanent das Falsche zu tun. Auch das junge Erwachsenenleben, grundiert von Alkohol, bietet viele Fallstricke. Zwei weitere Lebensphasen geraten in den Blick und jedes Mal wechselt Luca Mael Milsch die Perspektive und wählt eine andere Tonlage. Mit großem Einfühlungsvermögen schildert Milsch ein symbiotisches Mutter-Tochter-Gespann, das Selah den Zugang zu sich selbst versperrt und an dem sie sich auch als Erwachsene noch abarbeitet. Erst nach und nach gelingt es Selah, sich von den Zwängen ihrer Herkunft zu lösen. „Sieben Sekunden Luft“ ist die Geschichte einer Befreiung. Irgendwann fließt der Atem. (M. A.)
Luca Mael Milsch ist seit dem Studium der Literaturwissenschaften als Autor*in , Übersetzer*in, Lektor*in, Kurator*in und Moderator*in tätig und war Programmleiter*in des Literarischen Salons Hannover.
Auszeichnung u. a.: Stipendium Prosawerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin (2021).
Veröffentlichung (zuletzt):
– „Sieben Sekunden Luft“, Roman, Haymon, Innsbruck 2024