„Such nach dem Namen des Windes“ spricht von Abschied, Verlust, dem Unwiederbringlichen. Wie Orpheus um Eurydike trauert und sich dadurch in einen großen Liebenden der Dichtung verwandelt, so verwandelt sich auch das sprechende Ich dieser Gedichte, ganz befangen in der Trauer um einen toten Geliebten. 2018 starb der Schriftsteller Oleg Jurjew. Mit ihm hatte Olga Martynova 1991 St. Petersburg verlassen, sich in Frankfurt am Main niedergelassen und über Jahrzehnte die schriftstellerische Arbeitsbeziehung vertieft. Nach ihrer Ankunft in Deutschland publizierten beide; Martynova schrieb ihre Essays und Romane in ihrer Zweitsprache Deutsch. Lediglich Lyrik verfasste sie weiterhin in ihrer Muttersprache Russisch. Mit dem Tod Jurjews, den die Autorin nach einer Phase der Sprachlosigkeit zuerst in ihrem essayistischen Buch „Gespräch über die Trauer“ zu fassen versucht, fand ein Sprachwechsel statt: Die Gedichte in „Such nach dem Namen des Windes“ hat Martynova auf Deutsch verfasst und sich so auch ganz von ihrer Muttersprache verabschiedet. Entstanden ist ein melancholischer Band, der unter Bezugnahme auf Werke von Vergil bis Dante Alighieri, von Emily Dickinson über Ossip Mandelstam und Friedrich Hölderlin Echoräume der Trauer auslotet. (B. T.)
Auszeichnungen u. a.: Stipendium des Künstlerhauses Edenkoben (2007), Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis (2011), Ingeborg-Bachmann-Preis (2012), Stipendium Villa Concordia Bamberg (2013/14), Berliner Literaturpreis (2015), Grenzgänger-Rechercheförderung der Robert Bosch Stiftung und des Literarischen Colloquiums Berlin (2017).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Mörikes Schlüsselbein“, Roman, Droschl, Graz 2013
– „Der Engelherd“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2016
– „Über die Dummheit der Stunde“, Essays, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2018
– „Gespräch über die Trauer“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2023
– „Such nach dem Namen des Windes“, Gedichte, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2024