13:30 Uhr Luca Mael Milsch
Sieben Sekunden Luft. Roman. Haymon. Innsbruck, Mrz 2024
14:00 Uhr Zora del Buono
Seinetwegen. Roman. C. H. Beck. München, Jul 2024
14:30 Uhr Behzad Karim Khani
Als wir Schwäne waren. Roman. Hanser Berlin. 19. Aug 2024
15:00 Uhr Maren Kames
Hasenprosa. Roman. Suhrkamp. Berlin, Mrz 2024
15:30 Uhr Eva Maria Leuenberger
die spinne. Gedichte. Literaturverlag Droschl. Graz, 23. Aug 2024
16:00 Uhr Jan Koneffke
Im Schatten zweier Sommer. Roman. Galiani Berlin. Feb 2024
16:30 Uhr Deniz Ohde
Ich stelle mich schlafend. Roman. Suhrkamp. Berlin, Mrz 2024
17:00 Uhr Olga Martynova
Such nach dem Namen des Windes. Gedichte. S. Fischer. Frankfurt a. M., Mrz 2024
17:30 Uhr Anna Katharina Hahn
Der Chor. Roman. Suhrkamp. Berlin, 9. Sep 2024
18:00 Uhr Clemens Meyer
Die Projektoren. Roman. S. Fischer. Frankfurt a. M., 28. Aug 2024
Moderation: Maike Albath, Anne-Dore Krohn, Dirk Kruse, Beate Tröger
Haupt- und Nebenpodien Schlossgarten bzw. Redoutensaal, Theater in der Garage und Oberes Foyer: FM-Anlage für Hörgeschädigte – Ausleihe an der Information
„Das Gras auf unserer Seite“
Mit einem Romandebüt beginnt der Poet*innenfest-Sonntag im Schlossgarten: Luca Mael Milsch, bislang vor allem als Übersetzer*in, Moderator*in und Kurator*in in Erscheinung getreten, erzählt in „Sieben Sekunden Luft“ von Selah und einer Mutter-Kind-Beziehung, die von Erwartungsdruck, Schweigen und Scham geprägt ist. „Eine Lektüre“, so Sharon Dodua Otoo, „die mir nicht nur die Luft geraubt, sondern vor allem neuen Atem geschenkt hat“ (So, 13:30 Uhr).
„Immer, wenn ich Oldtimer ohne Kopfstützen sehe, erschrecke ich“, berichtet die Erzählerin des Romans „Seinetwegen“. Denn ein ganzes Leben hing ab von einer Kopfstütze in einem VW Käfer. Ihr Fehlen kostete Zora del Buonos Vater das Leben, als sie acht Monate alt war. Die Erzählerin macht sich auf die Suche nach dem Verursacher des Unfalls, einem Mann, von dem sie nur die Initialen E. T. kennt, und stößt dabei auf Zusammenhänge, von denen sie nichts geahnt hatte (So, 14:00 Uhr).
Eine Familiengeschichte ganz anderer Art erzählt Behzad Karim Khani, der schon vor zwei Jahren mit seinem Debüt „Hund Wolf Schakal“ in Erlangen zu Gast war. In „Als wir Schwäne waren“ nimmt er sich wieder die Herausforderungen des Einwanderns, Ankommens und Durchkommens vor. Ein Junge landet zusammen mit seinen Eltern nach der Flucht aus dem Iran im Ruhrgebiet, wo Karim Khani selbst aufwuchs. In der Siedlung, in der die Familie unterkommt, gibt es wenig Perspektiven. Wie in seinem Debüt findet Behzad Karim Khani eindringliche Bilder und eine poetische und scharfe Sprache für die harten Gesetze der Straße (So, 14:30 Uhr).
Eine gewisse Maren reist mit einem sprechenden Hasen quer durch Zeit und Raum, trifft Lionel Messi, Adorno und die eigenen Großeltern, hört Prince und Billie Eilish, macht sogar Abstecher in die Tiefsee und in den Weltraum. „Hasenprosa“ von Maren Kames ist ein rasanter, schriller und wilder Roman – hochkomisch noch dazu. „Riesenspaß ist garantiert“, beschließt Andreas Platthaus seine Rezension in der FAZ (So, 15:00 Uhr).
In deutlichem Kontrast zu Maren Kames‘ wildem Ritt stehen die an den Ton fernöstlicher Philosophien erinnernden Gedichte von Eva Maria Leuenberger. In ihrem aktuellen Lyrikband wird „die spinne“ zur stummen Zeugin. Ob sie etwas sieht, und wenn ja, was, bleibt das Geheimnis dieses konzentrierten Textes, der seine Leser*innen auch in die Echokammern des eigenen Ichs lockt: „die spinne schaut dich an“ (So, 15:30 Uhr).
Zum Auslöser seines neuen Romans „Im Schatten zweier Sommer“ wurde ein kurioser Zufall: Jan Koneffke bezog eine Wohnung in der Wiener Rembrandtstraße 35, im gleichen Haus, in dem der Schriftsteller Joseph Roth als Student 1914 Quartier nahm. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die erfundene Fanny, Tochter von Roths Vermieter, auf die der Untermieter mit seiner Mischung aus Galanterie, Klugheit und unbedingtem Willen zum Schriftstellerberuf eine unwiderstehliche Faszination ausübt – es entspinnt sich eine zarte Liaison (So, 16:00 Uhr).
Am Anfang von „Ich stelle mich schlafend“ steht auch ein Haus. Aber das Haus, in dem Yasemin und Vito gelebt haben, wird abgerissen. Das Trümmerfeld nimmt Deniz Ohde zum Ausgangspunkt ihres neuen Romans, in dem sie von einer Beziehung erzählt, die von Gewalt und Missbrauch geprägt ist und die begleitet wird von der Grundfrage: Warum lässt eine Frau einen Mann nicht los, der ihr offensichtlich nicht guttut? Yasemin steht in einer langen Reihe von Frauen, die über Generationen hinweg Gewalterfahrungen erleiden und weitertragen – und sich nur schwer dagegen wehren können (So, 16:30 Uhr).
Die Lyrikerin, Essayistin und Übersetzerin Olga Martynova, Gewinnerin des Ingeborg-Bachmann-Preises 2012, war schon mehrmals beim Erlanger Poet*innenfest zu Gast, auch mit ihrem Partner, dem Schriftsteller Oleg Jurjew, der 2018 viel zu früh verstarb. Nach seinem Tod wandte sich Martynova von ihrer russischen Muttersprache ab. Die Gedichte in „Such nach dem Namen des Windes“ hat sie auf Deutsch verfasst. Sie sprechen von Abschied, Verlust, dem Unwiederbringlichen (So, 17:00 Uhr).
Wie ließe sich die Zeit der Corona-Pandemie mit ihren gesellschaftlichen Verwerfungen besser darstellen als im Mikrokosmos eines Chors? „Der Chor“, so heißt auch der neue Roman von Anna Katharina Hahn. Schon vor den Lockdowns war die Probe ihres Frauenchors für Alice, Marie und ihre ältere Freundin Lena der Höhepunkt der Woche. Nachdem sie viel zu lange nur hinter Masken oder gar nicht zusammen singen konnten, erkennen sie deutlich, was sie entbehrt haben. Ihre Freundschaften haben die Pandemie überlebt, allerdings auch ihre Probleme miteinander. Dort, wo Harmonie und Gleichklang herrschen sollten, knirscht es gewaltig (So, 17:30 Uhr).
„Hart und direkt, sanft und gefühlvoll“, so beschrieb die Frankfurter Rundschau die Literatur von Clemens Meyer, der die Revue der Neuerscheinungen beschließen wird. Sein Debütroman „Als wir träumten“ über das harte Leben einer Jugendclique im Nachwende-Leipzig basierte auch auf eigenen Erfahrungen mit Alkoholexzessen, Kleinkriminalität und Jugendarrest. In „Die Projektoren“ spannt Meyer seinen bisher umfangreichsten Erzählbogen auf: zwischen dem Angriff Deutschlands auf Belgrad 1941, dem Jugoslawienkrieg bis hin zur politischen Gegenwart. Ein europäisches Erzählen, das den Verästelungen der Zeitläufe nachgeht und die Schichten der Geschichte in sich überlagernden Episoden freilegt (So, 18:00 Uhr).